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Die Vorlage
Die vorgeschlagene Änderung des Zivildienstgesetzes (ZDG) richtet sich gegen den Zivildienst als Dienstform und stellt diesen grundsätzlich in Frage. Wichtige Prinzipien wie die Gleichbehandlung aller Dienstpflichtigen oder das Recht, jederzeit einen Gewissenskonflikt geltend zu machen, werden untergraben. Als Hauptargument für die massiven Verschärfungen wird ins Feld geführt, dass die Armeebestände mittelfristig nicht gesichert seien. Diese Angst stützt sich vor allem auf drei Beobachtungen:
- Im Zuge der Armeereform wurde der Zeitpunkt der Rekrutierung flexibilisiert. Dadurch fehlen der Armee vorübergehend ein paar tausend Rekruten, die ihre Dienstpflicht aufgeschoben haben.
- Infolge der demografischen Entwicklung nimmt die Zahl der 20-Jährigen derzeit leicht ab. Ab 2023 steigt die Zahl aber wieder an und ab 2029 wird sie über dem heutigen Stand liegen.
- In den Wiederholungskursen haben einzelne Einheiten massive Unterbestände. Die Armeebestände insgesamt liegen jedoch über der gesetzliche Obergrenze von 140’000 Angehörigen der Armee.
Diesen vermeintlichen Problemen mit Verschärfungen bei der Zulassung zum Zivildienst zu begegnen, wirft Fragen auf: Ist ein guter Soldat, wer nur in der Armee bleibt, weil ihm der Preis für den Wechsel zum Zivildienst zu hoch ist? Ist ein guter Vorgesetzter, wer sich innerlich verabschiedet hat? Zudem melden sich Gewissenskonflikte absolut und kategorisch. Wer einen Gewissenskonflikt hat, ist darauf angewiesen, dass der Gesetzgeber mit ihm und seinem Gewissen fair umgeht. Die Vorlage tut dies nicht.
Grundlegende Kritik
Die Änderung des ZDG gefährdet wichtige Leistungen des Zivildienstes für die Gesellschaft
Die Änderung des ZDG verstösst gegen Verfassungs- und Grundrechte
Die Armeebestände sind nicht gefährdet
Die Armee kann ihre Probleme selber lösen
Die Verschärfungen könnten beiden Institutionen schaden
Kritik der einzelnen Massnahmen
01.
Mindestanzahl von 150 Diensttagen
Die Massnahme verletzt den Grundsatz der Verhältnismässigkeit und der Gleichbehandlung. Sie führt zu einer massiven Schlechterstellung aller Dienstpflichtigen mit einem verbleibenden Militärdienst von 1 bis 99 Tagen. Eine Person, die nur noch einen Tag Dienstpflicht hat, müsste stattdessen, unabhängig von einem etwaigen Gewissenskonflikt, 150 Tage Zivildienst leisten. Dieses System würde den Tatbeweis ad absurdum führen und insbesondere diejenigen bestrafen, die der Armee eine Chance geben.
02.
Wartefrist von 12 Monaten
Eine Wartefrist von einem Jahr für die Zulassung zum Zivildienst für Angehörige der Armee mit abgeschlossener Grundausbildung ist eine völkerrechtlich und verfassungsrechtlich fragliche bürokratische Schikane, die dem geltenden Grundsatz des Gewissenskonflikts klar widerspricht. Bestenfalls wäre das Resultat ein erhöhter administrativer Aufwand für die Armee. Schlimmstenfalls würde die Wartefrist dazu führen, dass einige den Militärdienst verweigern und dann von der Militärjustiz zu einer Haftstrafe verurteilt würden.
03.
Faktor 1,5 auch für Unteroffiziere und Offiziere
Offiziere und hochrangige Unteroffiziere haben mindestens 510 Tage Militärdienst zu leisten, mehr als doppelt so viele wie reguläre Dienstpflichtige. Damit leisten sie bereits heute einen längeren Dienst als reguläre Militär- und Zivildienstleistende. In Anbetracht ihrer ursprünglichen Bereitschaft für eine militärische Karriere und die damit einhergehenden längeren zusätzlichen Dienstzeiten kann man zudem davon ausgehen, dass ein Wechsel zum Zivildienst gewichtige und ernstzunehmende Gründe hat.
04.
Keine Einsätze, die ein Medizinstudium erfordern
Das angestrebte Verbot von Zivildienst-Einsätzen, welche ein Medizinstudium erfordern, wird das Problem der Armee, ausreichend Gesundheitspersonal zu rekrutieren, nicht lösen. Es verstösst zudem gegen den Grundsatz der Rechtsgleichheit, Fachkräften in Armee und Zivilschutz etwas zuzugestehen, das ihnen neu beim Zivildienst verweigert werden soll. Die Diskriminierung eines spezifischen Berufs ist nicht zuletzt willkürlich und untergräbt das etablierte schweizerische Milizsystem.
05.
Keine Zulassung von Personen mit 0 Restdiensttagen
06.
Jährliche Einsatzpflicht ab Zulassung
Es gibt absolut keine Veranlassung für diese kosmetische Vollzugsänderung. Das Ansinnen ist aktuell bereits in Artikel 39a der Zivildienstverordnung beinahe identisch geregelt und Zivildiensttage werden bereits heute sehr zuverlässig geleistet. Das Argument des Bundesrates, dass sich die Gleichwertigkeit der Dienstleistungen auch durch ihre Erbringung in der gleichen Lebensphase zeigt, wird durch den in der Weiterentwicklung der Armee beschlossenen flexiblen Startpunkt der RS entkräftet.
07.
Langer Einsatz spätestens im Jahr nach der Zulassung
Mit dieser schikanösen Massnahme kommen besonders Dienstpflichtige, welche aus einer Sommer-RS zum Zivildienst zugelassen werden, in einen unverhältnismässigen zeitlichen Engpass. Es entstünde eine grosse Rechtsungleichheit zu jenen, die zu einem anderen Zeitpunkt im Jahresverlauf in den Zivildienst übertreten. Die Auswirkungen auf das Arbeitsleben oder auf die Ausbildung können schwerwiegend sein, weil diese Personen innerhalb von zwei Jahren sehr viel Dienstzeit zu leisten hätten.